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WR Klasse 3I

Die Wirkungen des Kindesverhältnisses

Das Kindesverhältnis hat mehrere Rechtsfolgen. In der Reihenfolge des Gesetzes sind dies die Gemeinschaft der Eltern und Kinder, die Unterhaltspflicht der Eltern, die elterliche Sorge sowie das Kindesvermögen. Ebenfalls im achten Titel geregelt aber inhaltlich nicht direkt eine Wirkung des Kindesverhältnisses sind die Regeln zu den Minderjährigen unter Vormundschaft.

Gemeinschaft der Eltern und der Kinder

Die Gemeinschaft von Eltern und Kind hat Folgen für den Familiennamen, den Wohnsitz und das Bürgerrecht des Kindes.

Bei verheirateten Eltern erhält das Kind nach Art. 270 Abs. 3 ZGB den gemeinsamen Familiennamen. Tragen die verheirateten Eltern verschiedene Namen, so erhält das Kind nach Art. 270 Abs. 1 ZGB jenen Namen, den die Eltern bei der Heirat dazu bestimmt haben. Innerhalb des ersten Lebensjahres des Kindes können die Eltern nach Art. 270 Abs. 2 ZGB gemeinsam verlangen, dass das Kind den Ledigennamen des anderen Elternteils erhält.

Unverheiratete Eltern bestimmen nach dem Grundsatz des gemeinsamen Sorgerechts1 nach Art. 270a Abs. 1 Satz 2 ZGB gemeinsam, welchen ihrer Ledigennamen das Kind tragen soll. Ist nur ein Elternteil Inhaber der elterlichen Sorge, so erhält das Kind nach Art. 270a Abs. 1 ZGB den Ledigennamen des Elternteils, unter dessen Obhut es steht. Art. 270a Abs. 3 ZGB bestimmt, dass das Kind, welches nicht unter der elterlichen Sorge steht, den Familiennamen der Mutter erhält.

An dieser Stelle eine Bemerkung zum Konzept des Ledigennamen; dieser braucht nicht mit dem aktuellen Namen übereinzustimmen, kann jemand doch geschieden sein und den bei der Heirat angenommenen Namen behalten haben.2 Vielleicht wäre es zur administrativen Vereinfachung eine prüfenswerte Idee, zur amtlichen Identifizierung ausschliesslich auf die Sozialversicherungsnummer abzustellen.

Nach Art. 271 ZGB erhält das Kind das Bürgerrecht desjenigen Elternteils, dessen Namen es trägt. Ist nur ein Elternteil Schweizer, so erhält das Kind nach Art. 1 BüG unabhängig davon, wessen Namen es trägt, das Bürgerrecht des Schweizerischen Elternteils.

Kinder begründen keinen eigenständigen Wohnsitz. Dieser leitet sich nach Art. 25 Abs. 1 ZGB vom Wohnsitz des Inhabers der elterlichen Sorge ab3.

Ob diesen formellen Aspekten ist aber nicht zu vergessen, dass zentrales materielles Element der Gemeinschaft allerdings deren Schutzfunktion ist. Die Eltern sind für das Wohlergehen ihrer Kinder verantwortlich. Zudem schulden sich Eltern und Kinder gegenseitige Rücksichtnahme bei der Ausübungen ihrer Rechte und Pflichten4.

Unterhaltspflicht der Eltern

Die Eltern sind nach Art. 276 ZGB verpflichtet, für den Unterhalt ihrer Kinder zu sorgen. Dass die Unterhaltspflicht der Eltern mehr als eine finanzielle Verpflichtung ist, bringt die Aufzählung von Abs. 1 dieser Bestimmung zum Ausdruck; Pflege und Erziehung werden hier vor der Geldzahlung genannt5.

Grundsätzlich dauert die Unterhaltspflicht der Eltern nach Art. 277 Abs. 1 ZGB bis zur Volljährigkeit des Kindes. Diese Grenze wird aber in beide Richtungen relativiert. Einerseits sind die Eltern nach Art. 267 Abs. 3 ZGB bereits vor dem Erreichen der Volljährigkeit in dem Umfang von der Unterhaltspflicht befreit, in dem es dem Kind zugemutet werden kann, diesen durch eigenen Arbeitserwerb zu bestreiten. Andererseits dauert die Verpflichtung nach Art. 277 Abs. 2 ZGB über das Erreichen der Volljährigkeit hinaus, wenn das Kind bis zu diesem Zeitpunkt noch keine angemessene Ausbildung absolviert hat. Was ursprünglich als Ausnahme gedacht war, dürfte heute – vor allem seit der Senkung der Volljährigkeit von 20 auf 18 Jahre – der Regelfall sein6.

Bezüglich dieses Erwachsenenunterhalts gibt es drei Einschränkungen; eine zeitliche, eine wirtschaftliche sowie eine emotionale. Zu den Einschränkungen im Einzelnen:

  1. Die Eltern sind in zeitlicher Hinsicht unterhaltspflichtig bis zum Abschluss einer angemessenen Ausbildung. Eine angemessene Ausbildung entspricht dem aufgrund von Fähigkeit und Eignung realistischerweise zu erwartenden Ausbildungsabschluss7.

  2. Die Eltern sind zum Unterhalt verpflichtet, wenn ihnen neben dem Beitrag an das Kind genügend Mittel für den eigenen, angemessenen Lebensstil verbleiben8.

  3. Die Eltern-Kind Beziehung muss soweit belastbar sein, dass ein persönlicher Austausch über die Ausbildungspläne und -erfolge möglich ist9.

Elterliche Sorge

Die elterliche Sorge dient dem Wohl des Kindes und wird grundsätzlich durch beide Eltern gemeinsam ausgeübt. Ziel dieses Pflichtrechts ist es, das Kind in die Selbständigkeit zu führen, so dass sich die elterliche Sorge selber überflüssig macht10.

Eine Scheidung beendet wohl die Ehe, nicht aber das Eltern-Kind Verhältnis. Aus diesem Grund steht die elterliche Sorge auch geschiedenen Eltern grundsätzlich gemeinsam zu11.


  1. zur Kritik am neuen Sorgerecht vgl. Geiser, Thomas. „Umsetzung der gemeinsamen Sorge durch die Gerichte“. Aktuelle juristische Praxis 8/2015 (2015), S. 1102 ff. 

  2. Hausheer, Heinz, Thomas Geiser, und Regina Elisabeth Aebi-Müller. Das Familienrecht des Schweizerischen Zivilgesetzbuches. 5., Vollständig überarbeitete und Aktualisierte Auflage. Stämpflis juristische Lehrbücher. Bern: Stämpfli, 2014 (Zitiert Familienrecht ZGB), N 17.06. 

  3. BGE 133 III 305, E. 3.3.3 

  4. Familienrecht ZGB, N 17.25. 

  5. Breitschmid, Peter. „Die Wirkung des Kindesverhältnisses: Zweiter Abschnitt: Die Unterhaltspflicht der Eltern“. In Zivilgesetzbuch I, herausgegeben von Heinrich Honsell, Nedim Peter Vogt, und Thomas Geiser, 5. Auflage. Basler Kommentar. Basel: Helbing Lichtenhahn Verlag, 2014 (Zitiert Basler Kommentar Breitschmid), aArt. 276 ZGB N 21. 

  6. Basler Kommentar Breitschmid, Art. 277 ZGB N 10. 

  7. Basler Kommentar Breitschmid, Art. 277 ZGB, N 12. 

  8. Familienrecht ZGB, N 17.49. 

  9. Basler Kommentar Breitschmid, Art. 277 ZGB N 18. 

  10. Familienrecht ZGB, N 17.64. 

  11. Familienrecht ZGB, N 17.76; Botschaft vom 16. November 2011 zu einer Änderung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (Elterliche Sorge), BBl 2011 9077 ff. Ziff. 1.5.1.