Der ordentliche Güterstand
Beschreibung
Der ordentliche Güterstand der Errungenschaftsbeteiligung ist auch der subsidiäre Güterstand. D.h. der Gesetzgeber zwingt den Ehegatten keinen Güterstand auf, sorgt aber dafür, dass in den Fällen, in denen die Brautleute keine bewusste Entscheidung treffen, eine Lösung zum Tragen kommt, die in einem Grossteil aller Fälle zu vernünftigen Resultaten führt.1
In der Errungenschaftsbeteiligung verfügt nach Art. 196 ZGB jeder Ehegatte über zwei getrennte Vermögensmassen, das Eigengut und die Errungenschaft.
Art. 198 ZGB zählt abschliessend auf, welche Vermögenswerte zum Eigengut gehören. Damit ist alles, was nicht Eigengut ist, Errungenschaft2. Hilfreich für die Einteilung der Vermögenswerte ist das in Art. 197 ZGB definierte Kriterium der Entgeltlichkeit des Erwerbs für die Gegenstände der Errungenschaft.
Besondere Fragen werfen die Gegenstände zum persönlichen Gebrauch auf, welche gemäss Art. 198 Ziff. 1 ZGB dem Eigengut angehören. Wie sieht es aus, wenn ein solcher Gegenstand aus dem Arbeitserwerb eines Ehegatten finanziert worden ist? Wenn es sich um eine Anschaffung, die über den normalen Familienunterhalt hinausgeht handelt, besteht eine Ersatzforderung der Errungenschaft gegenüber dem Eigengut3. Diese Ersatzforderung ist für die güterrechtliche Auseinandersetzung von Bedeutung.
Mittels Ehevertrag kann nach Art. 199 ZGB ein Vermögenswert, welcher ein Ehegatte zur Ausübung seines Berufes braucht, dem Eigengut zugeschlagen werden. Das gleiche gilt für Erträge des Eigengutes.
Güterrechtliche Auseinandersetzung
Nach Art. 204 ZGB wird der Güterstand der Errungenschaftsbeteiligung durch das Ende der Ehe oder durch die Vereinbarung eines anderen Güterstandes aufgehoben.
Die güterrechtliche Auseinandersetzung erfolgt in vier Schritten4:
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Trennung des Vermögens von Mann und Frau;
Die Trennung der Vermögen beschränkt sich auf bewegliche Sachen und Immobilien. Diese erfolgt in natura; ein allfälliger Mehr- oder Minderwert verbleibt somit beim Eigentümer5.
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Berechnung des Vorschlags mit Berücksichtigung allfälliger Mehrwertanteile;
Der Vorschlag ist der Aktivsaldo des ehelichen Vermögens, der verbleibt nach Abzug der ehelichen Schulden, der Ausscheidung des Mannesgutes und des eingebrachten Frauengutes sowie der Tilgung der Ersatzforderungen der Ehefrau. Er ist ein rein zahlenmässiger Begriff und sagt nichts aus über die Eigentumsverhältnisse.6
Sollte der Saldo negativ sein, also ein Rückschlag resultieren, so hat der entsprechende Ehegatte diesen nach Art. 210 Abs. 2 ZGB selber zu tragen.
Grundsätzlich haben sich die Ehegatten über die Abrechnung zu einigen, wenn eine solche Eingigung scheitert, hat darüber nach Art. 23 bzw. 28 ZPO das Gericht zu entscheiden7.
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Bestimmung der Beteiligung am Vorschlag
Die Idee der Errungenschaftsbeteiligung besteht darin, dass – unabhängig von der konkreten Rollenteilung – die Errungenschaft von beiden Ehegatten gemeinsam erwirtschaftet worden ist8. Aus diesem Grund steht jedem Ehegatten die Hälfte des Vorschlages des anderen als Geldforderung zu9.
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Erfüllung der Ansprüche.
Nach Art. 215 Abs. 2 ZGB sind die gegenseitigen Forderungen miteinander zu verrechnen.
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Hausheer, Heinz, Thomas Geiser, und Regina Elisabeth Aebi-Müller. Das Familienrecht des Schweizerischen Zivilgesetzbuches. 5., Vollständig überarbeitete und Aktualisierte Auflage. Stämpflis juristische Lehrbücher. Bern: Stämpfli, 2014 (Zitiert Familienrecht ZGB), N 11.08. ↩
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Familienrecht ZGB, N 12.09. ↩
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Hausheer, Heinz, und Regina Aebi-Müller. „Der ordentliche Güterstand der Errungenschaftsbeteiligung“. In Zivilgesetzbuch I, herausgegeben von Heinrich Honsell, Nedim Peter Vogt, und Thomas Geiser, 5. Auflage. Basler Kommentar. Basel: Helbing Lichtenhahn Verlag, 2014 (Zitiert Basler Kommentar Eherecht), Art. 198 ZGB N 11. ↩
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Familienrecht ZGB, N 12.156. ↩
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Basler Kommentar Eherecht, Art. 205 ZGB N 4 f. ↩
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Basler Kommentar Eherecht, Art. 210 ZGB N 3. ↩
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Basler Kommentar Eherecht, Art. 215 ZGB N 1. ↩
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Basler Kommentar Eherecht, Art. 215 ZGB N 5. ↩